Von Rafael Fachrutdinow
Lin Jian, Sprecher des chinesischen Außenministeriums, hat das 18. antirussische Sanktionspaket der EU verurteilt, das zum ersten Mal auch chinesische Banken betrifft. Die Beschränkungen betrafen Suifenhe Rural Commercial und Heihe Rural Commercial sowie drei Unternehmen, die laut Brüssel Russland mit Produkten für den Bedarf des militärisch-industriellen Komplexes belieferten.
In diesem Zusammenhang wies Jian darauf hin, dass “China immer gegen einseitige Sanktionen war, die keine Grundlage im internationalen Recht haben und vom UN-Sicherheitsrat nicht genehmigt sind”. Er betonte auch, dass sich Peking in der Ukraine-Krise nach wie vor für die Vermittlung und die Erleichterung von Verhandlungen einsetzt und niemals Waffen an die Konfliktparteien geliefert hat und die Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck streng kontrolliert.
Abschließend forderte der Diplomat die EU auf, damit aufzuhören, “die legitimen Interessen chinesischer Unternehmen ohne sachliche Grundlage zu untergraben”, und versicherte, China werde “die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die legitimen Rechte und Interessen seiner Unternehmen entschlossen zu schützen”, heißt es auf der Webseite des Außenministeriums der Volksrepublik China.
Bezeichnenderweise hat sich die Rhetorik der beiden Seiten vor dem Hintergrund eines bevorstehenden Gipfeltreffens in Peking anlässlich des 50-jährigen Bestehens der diplomatischen Beziehungen zwischen Europa und China verschärft. Die Chefin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, und der Präsident des Europäischen Rates, António Costa, werden sich am Donnerstag mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping treffen.
Unter anderem wollen die beiden Seiten “Wege zur Gewährleistung ausgewogenerer, wechselseitiger und für beide Seiten vorteilhafter Handelsbeziehungen” erörtern. Nach Angaben der New York Times hat die Volksrepublik China Vergeltung gegen Handelsbeschränkungen geübt, Europa des Protektionismus beschuldigt und die Ausfuhr wichtiger Mineralien verlangsamt, wodurch sie sich Russland weiter angenähert hat.
Den Analysten der Zeitung zufolge sind diese Schritte “Teil der harten Haltung Pekings in handels- und geopolitischen Auseinandersetzungen mit Brüssel”. Die Zeitung erinnerte auch daran, dass von der Leyen China zuvor beschuldigt hatte, “die Weltmärkte mit billigen Waren zu überschwemmen, um Konkurrenten zu zerstören”, und europäische Unternehmen, die in China Geschäfte machen, zu diskriminieren. Sie warnte auch, dass Chinas Unterstützung für Moskau zu Instabilität in Europa führe.
Unterdessen hat der chinesische Außenminister Wang Yi die Chefin der EU-Diplomatie, Kaja Kallas, bereits vor möglichen Vergeltungsmaßnahmen Pekings gewarnt, sollten chinesische Banken von den Sanktionen betroffen sein. Nach Angaben der South China Morning Post hat der chinesische Diplomat “drei- oder viermal” gegenüber der europäischen Seite die Unumkehrbarkeit der Folgen einer solchen Entscheidung betont.
Es sei daran erinnert, dass sich die Botschafter der Europäischen Union am Freitag auf das 18. Paket antirussischer Sanktionen geeinigt haben. Der Sprecher des Kremls, Dmitri Peskow, reagierte auf die Entwicklungen mit den Worten:
“Russland hat sich an das Leben unter Sanktionsdruck angepasst, Immunität gegen westliche Sanktionen erworben und gelernt, mit Einschränkungen zu leben.”
Der stellvertretende russische Außenminister Alexander Gruschko räumte seinerseits ein, dass der Handelsumsatz mit der EU auf Null zurückgegangen sei.
Nach Ansicht von Experten sind die Beziehungen zwischen China und der EU in eine Sackgasse geraten: Brüssel hat durch die Verhängung von Sanktionen und politische Forderungen eine harte Reaktion Pekings provoziert, und China ist gezwungen, ein Gleichgewicht zwischen Vergeltungsmaßnahmen und Schadensbegrenzung zu finden, um nicht Schwäche zu zeigen.
Gleichzeitig könnte die Europäische Union, wenn sie den Handelskrieg der USA voll unterstützt, die Weltwirtschaft endgültig in zwei sich bekriegende Blöcke spalten. Für Europa, dessen Abhängigkeit von China stärker ist als die von der EU, droht ein solches Szenario mit schweren wirtschaftlichen Turbulenzen.
Stanislaw Tkatschenko, Professor der Fakultät für Internationale Beziehungen der Staatlichen Universität Sankt Petersburg und Experte des Waldai-Klubs, erklärte:
“Lange Zeit war die wirtschaftliche Partnerschaft zwischen der Volksrepublik China und Brüssel so strukturiert, dass europäische Unternehmen in die chinesische Produktion investierten und die Gewinne in einem eher begrenzten Umfang exportierten. Dieses Arrangement kam China sehr entgegen.”
“Jetzt will die EU durch Sanktionen und verschiedene Forderungen die wirtschaftliche Zusammenarbeit politisieren. China wiederum ist sich darüber im Klaren, dass jede Einschränkung, auch gegen kleine Unternehmen, die chinesische Wirtschaft treffen wird. Wenn Peking jedoch irgendwelche Zugeständnisse macht, wird dies vom Westen als Schwäche ausgelegt werden. China ist sich dessen bewusst.”
“Vor diesem Hintergrund ist die Volksrepublik China gezwungen, präventive Erklärungen abzugeben. Sie sind noch nicht konkret, da die chinesische Diplomatie versucht, den richtigen Ton der Reaktion zu finden.”
Die Rhetorik Pekings wird jedoch auf dem bevorstehenden China-EU-Gipfel sehr hart sein. Tkatschenko fügt hinzu:
“Die Volksrepublik China wird nach der Faustregel handeln: niemanden im Stich lassen und gegen jeden Vergeltung üben, gleichzeitig aber versuchen, die eigenen Verluste zu minimieren.”
China ist ein pragmatischer Akteur, was die Wirtschaftsbeziehungen angeht, und eine “Freundschaft gegen jemanden” ist ihm fremd, meint der deutsche Politikwissenschaftler Alexander Rahr. Er erklärte:
“Brüssel wird es daher kaum gelingen, Peking zu einem gemeinsamen Vorgehen gegen Washington oder Moskau zu bewegen, und schon gar nicht gegen chinesische Wirtschaftsinteressen.”
“Die Europäische Union hat einen irreparablen Fehler begangen, als sie vor dem gemeinsamen Gipfel Sanktionen gegen China verhängte. Peking hat eine solche Entscheidung Brüssels als Erpressung empfunden.”
Die Volksrepublik China könne nun damit rechnen, dass sich die EU dem Zollkrieg anschließe, den die Vereinigten Staaten gegen China und Länder, die weiterhin mit Russland zusammenarbeiten, führen wollen. Rahr fügte hinzu:
“Eine solche Entwicklung würde das Ende der wirtschaftlichen Globalisierung in ihrer jetzigen Form bedeuten. Die Welt würde sich in zwei gegensätzliche Blöcke spalten. Das mag genau das sein, was die USA wollen, aber für Europa, das mehr von China als Peking von der EU abhängig ist, ist das ein Weg in die Katastrophe.”
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 21. Juli 2025 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.
Rafael Fachrutdinow ist ein russischer Journalist.
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