Nachdem die Europäische Union vor einer Woche entschieden hatte, EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldawien zu beginnen, sagte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan den Regierenden in Kiew und Chișinău nicht besonders rosige Perspektiven voraus. Am Dienstag erklärte der Politiker auf dem Rückweg aus Ungarn den Journalisten an Bord seines Flugzeugs, dass der Kandidatenstatus noch lange nicht die Aussicht auf eine volle EU-Mitgliedschaft bedeute. Die Nachrichtenagentur Anadolu zitiert Erdoğan mit den Worten:
“Ihnen den Kandidatenstatus zu verleihen, bedeutet nicht, dass sie sich in EU-Mitglieder verwandeln werden. Man wird einen Verhandlungsprozess mit ihnen beginnen, und er wird ins Stocken geraten.”
Erdoğan rief darüber hinaus die Verantwortlichen in Brüssel dazu auf, die Stellung der Türkei zu evaluieren. Der Präsident verwies darauf, dass die Türkei inzwischen ein einflussreicher Akteur in der internationalen Arena sei. Aber obwohl das strategische und wirtschaftliche Potenzial der Türkei darauf schließen lasse, dass dieses Land die EU-Mitgliedschaft verdient habe, werde dem Land der EU-Beitritt seit Jahren mit verschiedenen Entschuldigungen verwehrt.
“Es ist ein Fehler, dass die Türkei, die auf einen Beitritt zur EU besser als viele Mitgliedstaaten vorbereitet ist, jahrelang wegen politischer Hindernisse vor der Tür warten muss.”
Anschließend brachte Erdoğan seine Hoffnung zum Ausdruck, dass der EU-Beitritt der Türkei unter Ungarns EU-Vorsitz im Jahr 2024 “auf eine ganz andere Art und Weise” diskutiert werden könnte, sodass es einen Fortschritt geben könne.
Am 14. Dezember hatte die EU entschieden, EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldawien zu beginnen. Der EU-Ratspräsident Charles Michel nannte die Entscheidung einen historischen Moment, der die Glaubwürdigkeit und die Stärke der westlich orientierten Europäischen Union zeige. Darüber hinaus wurde beim EU-Gipfel auch Georgien der Kandidatenstatus zuerkannt. Ungarn war das einzige EU-Land, das sich gegen die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen ausgesprochen hatte. Regierungschef Viktor Orbán war zum Zeitpunkt der Abstimmung nicht im Raum.
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