Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan kündigte an, die für Juni geplanten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen auf Mai vorzuziehen. Auf einer Jugendkonferenz in der Provinz Bursa im Nordwesten der Türkei teilte Erdoğan mit, die Wahlen sollten am 14. Mai stattfinden.
Vorgezogene Wahlen können entweder mit 60 Prozent der Abgeordnetenstimmen im Parlament oder per Dekret durch den Präsidenten angeordnet werden. Im Parlament verfügt die regierende AKP von Erdoğan – gemeinsam mit ihrem ultranationalistischen Partner MHP – derzeit nur über eine einfache Mehrheit. Mit seiner Ankündigung machte Erdoğan nun deutlich, dass er das Vorziehen der Wahl im Alleingang als Präsident anstrebt.
Gegen wen Erdoğan in der Präsidentschaftswahl antreten wird, bleibt noch offen. Sechs Oppositionsparteien, die sich zu einer Allianz zusammengeschlossen haben, wollen ihren gemeinsamen Kandidaten im Februar bekanntgeben. Als wahrscheinliche Kandidaten gelten Kemal Kılıçdaroğlu, der Vorsitzende der kemalistisch-sozialdemokratischen CHP als größter Oppositionspartei, oder der jetzige Istanbuler Oberbürgermeister Ekrem İmamoğlu.
Die Opposition argumentiert, laut Verfassung dürfe Erdoğan – der 2014 erstmals und 2018 das zweite Mal zum Präsidenten gewählt worden war –kein drittes Mal kandidieren. Eine dritte Kandidatur sei nur dann vorgesehen, wenn das Parlament vorzeitige Wahlen erzwinge. Nach Ansicht der Regierung steht jedoch der Kandidatur Erdoğans nichts im Wege. Sie argumentiert, Erdoğan sei 2018 nach einer Verfassungsänderung als erster Präsident in einem neuen Präsidialsystem gewählt worden. Seine vorherige Amtszeit zähle also gar nicht.
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