
Das US-Militär entsendet einen Flugzeugträger in die Gewässer vor Südamerika, wie das Pentagon laut Euronews am Freitag bekannt gab. Dies ist die jüngste Eskalation und Aufstockung der Streitkräfte in der Region.
Kriegsminister Pete Hegseth befahl die Entsendung der USS Gerald R. Ford und ihrer Kampfgruppe zum US-Südkommando, um “die Fähigkeit der USA zu stärken, illegale Akteure und Aktivitäten, die die Sicherheit und den Wohlstand der Vereinigten Staaten gefährden, aufzuspüren, zu überwachen und zu unterbinden”, erklärte Pentagon-Sprecher Sean Parnell in einem Beitrag in den sozialen Medien.
Die USS Ford, zu deren Kampfgruppe fünf Zerstörer gehören, ist derzeit im Mittelmeer im Einsatz. Sie zählt zu den insgesamt elf einsatzbereiten US-Flugzeugträgern. Der Einsatz eines Flugzeugträgers gilt als erhebliche Eskalation der Militärmacht in der karibischen Region.
Aufgriffe auf Boote: 43 Menschen getötet
Am Freitag führten die US-Luftstreitkräfte ihren zehnten Angriff auf ein mutmaßliches Drogenboot in internationalen Gewässern durch, bei dem sechs Menschen ums Leben kamen. Die Zahl der Todesopfer stieg damit seit Beginn der Angriffe Anfang September auf mindestens 43.
Die Opfer stammten zumeist aus Venezuela, aber auch aus Kolumbien und Trinidad und Tobago. Nach Angaben des Nachrichtenportals amerika21 wurden in keinem der Fälle Belege vorgelegt, dass es sich bei den getroffenen Booten tatsächlich um Schmugglerboote handelte, wie die US-Regierung behauptet. Zuletzt hat die ecuadorianische Justiz einen Fischer, der einen Angriff von US-Marines auf sein Boot überlebt hatte, von jeglichen diesbezüglichen Vorwürfen freigesprochen.
Nach Ansicht der US-Führung müssten vermeintliche Drogenschmuggler wie Terroristen behandelt werden. “Wenn Sie ein Drogenterrorist sind, der in unserer Hemisphäre Drogen schmuggelt, werden wir Sie so behandeln, wie wir Al-Qaida behandeln”, sagte Hegseth am Freitag. “Tag und Nacht werden wir Ihre Netzwerke aufzeichnen, Ihre Leute aufspüren, Sie jagen und töten.”
Expertin: Drogenbekämpfung ist nur Vorwand
Die Angriffe und eine ungewöhnlich starke militärische Präsenz der USA in der Region haben Spekulationen ausgelöst, dass die Regierung versuchen könnte, den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro zu stürzen, der in den USA wegen Drogenterrorismus angeklagt ist.
In einem aktuellen Schritt flog das US-Militär am Donnerstag zwei Hyperschall-Schwerbomber an die Küste Venezuelas. Die Trump-Regierung behauptet, dass sie den Drogenhandel in den Vereinigten Staaten bekämpfe.
Der venezolanische Präsident ist hingegen überzeugt, dass die Operationen der jüngste Versuch sind, ihn aus dem Amt zu drängen. Maduro lobte am Donnerstag die Sicherheitskräfte und eine zivile Miliz für Verteidigungsübungen entlang der etwa 2.000 Kilometer langen Küste, um sich auf einen möglichen Angriff der USA vorzubereiten.
Innerhalb von sechs Stunden “wurden 100 Prozent der gesamten Küstenlinie des Landes in Echtzeit mit allen Ausrüstungsgegenständen und schweren Waffen abgedeckt, um bei Bedarf alle Küsten Venezuelas zu verteidigen”, sagte Maduro während einer Regierungsveranstaltung, die im staatlichen Fernsehen übertragen wurde.
“Kein Krieg, kein Krieg, kein Krieg. Nur Frieden, nur Frieden, nur Frieden. Für immer, für immer, für immer. Kein verrückter Krieg”, sagte Maduro am Freitag in gebrochenem Englisch in einer Stellungnahme, die offenbar Trump verspotten sollte.
Euronews zitiert Elizabeth Dickinson, Senior Analystin der International Crisis Group für die Andenregion, die erklärt, es gehe bei der Präsenz des US-Militärs weniger um Drogen als vielmehr darum, den Ländern in der Region eine Botschaft zu senden, sich den Interessen der USA anzuschließen.
“Ein Ausdruck, den ich oft höre, lautet: ‘Drogen sind nur ein Vorwand.’ Und das weiß jeder”, sagte Dickinson. “Ich denke, diese Botschaft ist in den Hauptstädten der Region sehr deutlich angekommen. Die Botschaft lautet also, dass die USA bestimmte Ziele verfolgen wollen. Und sie werden militärische Gewalt gegen Führer und Länder anwenden, die sich nicht fügen.”
Trump: Wir werden einfach die Leute töten
Hegseths Äußerungen zu den Luftangriffen haben kürzlich zu direkten Vergleichen mit dem Krieg gegen den Terrorismus geführt, den die USA nach den Anschlägen vom 11. September 2001, bei denen die Türme des World Trade Centers in New York zerstört wurden, verlautbart hatten.
Trump erklärte die Drogenkartelle Anfang dieses Monats zu unrechtmäßigen Kombattanten und sagte, die USA befänden sich mit ihnen in einem “bewaffneten Konflikt”, wobei er sich auf dieselbe Rechtsgrundlage stützte, die auch die Bush-Regierung nach dem 11. September 2001 herangezogen hatte.
Als Reporter Trump am Donnerstag fragten, ob er den Kongress um eine Kriegserklärung gegen die Kartelle bitten werde, sagte er, dass dies nicht geplant sei. “Ich denke, wir werden einfach die Leute töten, die Drogen in unser Land bringen, OK? Wir werden sie töten, wissen Sie? Sie werden dann sozusagen tot sein”, sagte Trump während einer Diskussionsrunde im Weißen Haus mit Beamten der Heimatschutzbehörde.
Maduro: Luftabwehr ist einsatzbereit
Parallel zu diesen Tötungen ohne Gerichtsurteil in internationalen Gewässern will die Trump-Regierung nun offenbar Bodenoperationen vorbereiten, also Einsätze, die in die Hoheitsgebiete anderer Staaten hineinreichen. Für zusätzliche Aufregung sorgten Gerüchte, wonach die USA schwere B-1-Bomber in die Nähe der venezolanischen Küste schicken würden. Das Wall Street Journal hatte berichtet, dass zwei solche Flugzeuge entlang des venezolanischen Luftraums patrouilliert hätten. Trump dementierte dies jedoch auf einer Pressekonferenz.
Die Ankündigungen Trumps zu möglichen Bodeneinsätzen der US-Armee haben in der Region sofort scharfe Reaktionen ausgelöst. Amerika21 zitiert Kolumbiens Präsidenten Gustavo Petro, der die bisherigen Operationen erneut als Verletzung des Völkerrechts verurteilte. Er bezeichnete die Angriffe als “extralegale Tötungen” und beschuldigte die US-Regierung, unnötigerweise übertriebene Gewalt anzuwenden.
Venezuelas Präsident Nicolás Maduro warnte Trump explizit vor Operationen auf venezolanischem Territorium. Venezuela verfüge über mehr als 5.000 Kurzstreckenraketen vom Typ Igla-S. Diese mobilen, schultergestützten Flugabwehrraketen seien “bis auf den hintersten Berg, ins letzte Dorf und in die letzte Stadt” Venezuelas verteilt worden, um die Verteidigungsfähigkeit zu gewährleisten.
Am vergangenen Samstag hatte Maduro zudem bekanntgegeben, dass im Rahmen der Operation “Independencia 200” Streitkräfte und zivile Milizen in sämtlichen Bundesstaaten in Abwehrbereitschaft versetzt worden sind.
Republikaner: Es ist höchste Zeit
Abgeordnete beider großen politischen US-Parteien haben Bedenken geäußert, dass Trump die Militäraktionen ohne Genehmigung des Kongresses und ohne nähere Angaben angeordnet hat. Einige Demokraten bestehen darauf, dass die Angriffe gegen internationales Recht verstoßen.
“So etwas habe ich noch nie gesehen”, sagte Senator Andy Kim, der zuvor im Pentagon und im Außenministerium gearbeitet hatte. “Wir haben keine Ahnung, wie weit das gehen wird, was das möglicherweise mit sich bringen könnte, ob es zu einem Bodeneinsatz kommen wird. Wird es zu einer Eskalation kommen, die dazu führen könnte, dass wir uns für lange Zeit dort festfahren?”, sagte er.
Der republikanische Abgeordnete Mario Diaz-Balart aus Florida, der sich seit langem mit Außenpolitik in der westlichen Hemisphäre befasst, sagte jedoch zu Trumps Vorgehen: “Es ist höchste Zeit.”
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