Von Bernhard Loyen
Der noch zu Jahresbeginn bereits als Mediencoup des jungen Jahres bewertete Artikel des Medienunternehmens Correctiv entwickelt sich immer mehr zu einem größeren Politikum. Der am 10. Januar veröffentlichte Artikel: “Geheimplan gegen Deutschland” muss als verantwortlicher Zündfunke gewertet werden, von dem ausgehend, medial-politisch parallel eingefordert, seit Wochen Hunderttausende gegen die Partei AfD ihren Weg auf die Straße finden. Neben verbalen Attacken seitens des Correctiv-Geschäftsführers wurde zudem bekannt, dass eine Correctiv-Autorin im Vorjahr Vortragsrednerin bei einer Veranstaltung vom Verfassungsschutz war.
Carsten Brennecke ist Rechtsanwalt für Presserecht und vertritt aktuell den Staatsrechtler Ulrich Vosgerau, ein CDU-Mitglied, vor dem Landgericht Hamburg, zusammen mit einem weiteren diskreditierten Teilnehmer des Privattreffens in Potsdam. Dies in Form zweier Anträge auf einstweilige Verfügung hinsichtlich getätigter Aussagen im Correctiv-Artikel. Zwei leitende Redaktionsmitglieder von Correctiv, David Schraven als Geschäftsführer und Annette Dowideit als stellvertretende Chefredakteurin, fallen dabei in den zurückliegenden Wochen mit fraglichen Äußerungen auf, die rein als Verteidigungsstrategie gegen stetig detailliertere Kritik von außen wahrgenommen werden sollen. Schraven attackierte nun Brennecke im Hinblick auf sein Anwaltsmandat. Auf der Plattform LinkedIn stellte der Correctiv-Chef auf seinem Nutzerkonto inhaltlich provozierend fest:
“Carsten Brennecke von der Kanzlei Höcker wird dafür bezahlt, Public Relations für die Faschisten in der AfD gegen uns zu machen. Ich bin sehr froh, dass sein erstes Konstrukt sehr bald peinlich in sich zusammenfällt. Jeder muss wissen, wie er sein Geld macht. Irgendwann fällt das auf ihn zurück. Seine Mitmenschen werden sich für ihn schämen.”
Brennecke reagierte am 26. Februar im Rahmen eines X-Postings, um öffentlich Schraven darüber zu belehren, dass er ” – wie Sie genau wissen – nicht die AfD, sondern den Staatsrechtler Dr. Ulrich Vosgerau (CDU) vertrete.” Zudem bittet er den Journalisten darum, seine Unterstellung zu korrigieren, dass “auch nicht die AfD für unsere Arbeit gegen die Rechtsverletzungen in Ihrem Bericht zahlt, wie Sie fälschlich insinuieren.”
Einleitend schreibt Brennecke:
Lieber Herr Schraven, es tut mir leid, dass Sie wegen der medialen Kritik an Ihrer (vorsichtig ausgedrückt: manipulativen) Correctiv-Berichterstattung so unter Druck sind, dass Sie nun meinen, zu solchen Ablenkungsmanövern greifen zu müssen: Erstens vertrete ich – wie Sie…
— Carsten Brennecke (@RABrennecke) February 26, 2024
Das seitens Correctiv verleumdete CDU-Mitglied Vosgerau reagierte ebenfalls via X-Posting, dies dabei nicht weniger provokativ:
“Als David Schraven heute die Berliner Zeitung las, verlor er endgültig die Kontrolle über sein Leben…”
Dieser Hinweis bezieht sich auf einen sehr ausführlichen und erkenntnisreichen Analyseartikel der Berliner Zeitung vom 26. Februar mit der Einleitung:
“Correctiv vor Gericht: Fiel die Regierung auf einen Bluff der Rechercheure rein? Der Bericht zum ‘Geheimtreffen’ war auf maximale Außenwirkung ausgelegt. Jetzt steht Correctiv vor Gericht und die Politik vor einem Dilemma.”
Die auffällige Nervosität im Correctiv-Team könnte sich zeitnah auch auf die Bundespolitik übertragen. Denn diese forderte vollkommen unreflektiert und unmittelbar die Bürger landesweit zu aktivistischen Reaktionen auf, wobei die “Demos gegen Rechts” argumentativ rein auf den Inhalten des Correctiv-Artikels aufbauten. So fragt die dem Springer-Verlag zugehörige Welt-Zeitung, ebenfalls am 26. Februar:
“Missbrauch der Macht? Wenn Regierungsmitglieder auf Demos gegen die AfD auftauchen: Ob Scholz, Baerbock und Dreyer: Spitzenpolitiker aus Bundes- und Landesregierungen nehmen an Demos gegen Rechtsextremismus teil, bei denen es gegen die AfD geht. Rechtlich ist das allerdings heikel. Ein Verfassungsrechtler warnt vor der Gefahr, dass staatliche Macht missbraucht werde.”
Die Medienplattform Nius präsentiert ebenfalls aktuelle Fakten, die der Correctiv-Redaktion und dem politischen Berlin wenig gefallen werden. So wurde durch eine Anfrage seitens eines AfD-Politikers und weitere Recherchen ans Tageslicht geholt, dass eine Correctiv-Journalistin bei einem Workshop im September 2023 vom Verfassungsschutz angefragt und gebucht wurde. So heißt es auf Seite 14 des Workshop-Programms vor den Folgethemen: “Wer glaubt an Verschwörungstheorien über COVID 19?” und “Wie viel Regulierung brauchen wir? Die Regulierung von Desinformation aus evidenzbasierter Sicht” zu einer Vorveranstaltung:
“Nachhaltiges Prebunking durch Debunking: wie CORRECTIV mit Peer Production Desinformation bekämpft. Caroline Lindekamp (CORRECTIV) und Technische Universität Dortmund.”
Das gesamte Diskussionspanel trug dabei den Titel:
“Prävention und Gegenmaßnahmen: Implikationen für Politik und Praxis für einen demokratischen Diskurs.”
Der Artikel der Berliner Zeitung verweist auf die Tatsache, dass der ausschlaggebende Textinhalt des Correctiv-Skandalartikels vom 10. Januar mittlerweile klammheimlich und ohne Hinweis auf der Webseite zweimal inhaltlich in wesentlichen Punkten modifiziert wurde. Ein X-User legt dar und fragt:
Wie oft werden Sie den Satz noch ändern, @correctiv_fakt 🤡 ? pic.twitter.com/y2v5YlhYV2
— _horizont_ (@hori_____zont) January 31, 2024
Zu diesem mehr als fragwürdigen und unprofessionellen journalistischen Agieren – ob es eine bewusste Täuschung der Leser darstellt, müssen Gerichte entscheiden – gesellt sich die Causa “Apple Watch” und Aussagen von David Schraven in einem englischsprachigen Interview. Die Berliner Zeitung fasst mit Blick auf Irritationen und Widersprüche zusammen:
“Der Kern seiner Aussagen: Correctiv habe einen Reporter in das ‘Landhaus Adlon’ eingeschleust, der verdeckt mit einer Apple Watch ‘Ton-, Videoaufnahmen und Fotos’ angefertigt hatte (…) Der Haken: Die Apple Watch verfügt nicht über eine Kamera, sondern nur über ein Mikrofon. Unerlaubte Audiomitschnitte will Correctiv jedoch nicht gemacht haben – die sind in Deutschland übrigens ausnahmslos verboten.”
“Profi” Schraven rudert nach medialer Kenntnisnahme und Gegenfragen auffällig und bedingt glaubwürdig zurück. “Er könnte auch die Journalistin von Semafor mit seinem schlechten Englisch verwirrt haben”, so Schraven gegenüber dem hinterfragenden Medium Übermedien.
Im Rahmen einer Übermedien-Presseanfrage zu den Inhalten des verleumderischen Artikels vom 10. Januar, antwortet die Correctiv-Redaktion:
“Auf die Konfrontation mit den oben zitierten Aussagen im Correctiv-Bericht, etwa zu Vertreibungsplänen gegenüber Millionen Menschen wegen ‘falscher Hautfarbe oder Herkunft’, heißt es, es handele sich um ‘Überzeugungen’, ‘unsere Auffassung’, ‘wertende Schlussfolgerungen’, ‘allerdings auf sehr dichter und belastbarer faktischer Basis.’ Also um Meinungen und keine Tatsachenbehauptungen.”
Die damit bewusste manipulative Außenwahrnehmung zeigt sich in der Reaktion der Politik und damit verbundenen Statements, die rein den Artikel zitieren (“Deportationsabsichten”).
Schraven und Kollegen echauffieren sich nun immer lauter über eine “eine aus interessierter Richtung gesteuerte – recht teure Litigation-PR-Kampagne”, seitens des Rechtsanwalts Bennecke. Als Litigation PR gilt eine Form der anwaltlichen Öffentlichkeitsarbeit, die auf die Wiederherstellung des guten Rufs eines Mandanten abzielt.
Schraven präsentiert und zelebriert sich samt seinem Team daher jetzt als Opfer von politischen Verleumdungen und dreht damit die selbst geschaffenen Realitäten um 180 Grad. Zudem erfolgte eine mehr als skurrile und überbordende Erklärung am 20. Februar auf der Correctiv-Webseite:
“Wir stehen entschlossen hinter unseren Enthüllungen. Mit den eidesstattlichen Erklärungen machen wir klar: Wir garantieren die Richtigkeit unserer Recherche mit unserer persönlichen Freiheit und dem Medienhaus CORRECTIV als Sicherheit.”
Richtigkeit der Recherche? Zumindest wurde am 10. Januar gleich ordentlich revidiert und korrigiert. Der Halbsatz: “ein Treffen von radikalen Rechtsextremen mit Vertretern der Bundes-AfD; ein “Masterplan” zur Ausweisung von deutschen Staatsbürgern…”, hieß am Vormittag des Tages bis 17:40 Uhr noch: “ein Treffen von radikalen Rechtsextremen mit Vertretern der Bundes-AfD; ein “Masterplan” zur Ausweisung von deutschen Staatsbürgern aufgrund ihrer “Ethnie”…”.
Endgültige Klärung dieses journalistischen GAUs wird es erst mit bis dato unbekanntem Termin final vor dem Landgericht Hamburg geben.
Die AfD-feindliche Stimmung im Land, bezogen auf die Partei, samt Politikern und Sympathisanten, wird unabhängig von der juristischen Auseinandersetzung realistisch nicht mehr revidierbar und zu bändigen sein. Damit stellt die “Causa Correctiv” schlicht einen Medienskandal dar, dessen gesamtgesellschaftliche Auswirkungen sich erst im Verlauf des Jahres abzeichnen werden, im Angesicht der anstehenden Kommunal- und Landtagswahlen.
Man darf zudem gespannt sein, wann sich das politische Berlin zu den offensichtlichen Widersprüchlichkeiten, samt daraus resultierenden Fehleinschätzungen, mal äußern wird.
Mehr zum Thema – Causa Correctiv: Bundesinnenministerium bestätigt Treffen mit Vertretern des “Rechercheportals”