Von Olga Samofalowa
Wie die Financial Times (FT) unter Berufung auf Quellen berichtet, plant China, seinen inländischen Anleihemarkt für große russische Energieunternehmen zu öffnen, was die noch engeren Beziehungen zwischen Moskau und Peking widerspiegeln würde. Zuletzt wurden “Panda-Anleihen” in China durch das russische Unternehmen Rusal im Wert von 1,5 Milliarden Yuan platziert.
FT-Insidern zufolge wird die Wiederbelebung der “Panda-Anleihen” in erster Linie zwei oder drei Unternehmen betreffen. An erster Stelle stünden Rosatom und seine Tochtergesellschaften, die nicht von den umfassenden Sanktionen betroffen sind. Die zweite Stelle nimmt laut Reuters-Quellen Gazprom ein.
Dabei würde das russische Finanzministerium es vorziehen, wenn die auf Yuan lautenden Staatsanleihen in Russland emittiert würden und nicht als “Panda-Bonds” in China, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Erklärung.
Die ersten Sanktionen des Westens nach 2014 betrafen unter anderem die Kreditaufnahme auf den Kapitalmärkten, um russischen Unternehmen die Möglichkeit zu nehmen, sich weiterzuentwickeln und in neue Projekte zu investieren. Zunächst wurden langfristige Kredite eingeschränkt, seit 2022 ist der Zugang zu den US- und europäischen Kapitalmärkten vollständig gesperrt. Dabei war der chinesische Anleihemarkt – der zweitgrößte der Welt – bis 2022 aufgrund der hohen Zinsen nicht besonders attraktiv. Und die chinesischen Banken selbst nahmen gegenüber russischen Unternehmen eine vorsichtigere Haltung ein, aus Angst, von sekundären Sanktionen getroffen zu werden.
Julia Handoschko, CEO des europäischen Brokers Mind Money (ehemals “Zerich”), erklärt:
“Bis 2022 haben russische Unternehmen aktiv Eurobonds emittiert. Dort gab es eine gute Marktdurchdringung, eine transparente Infrastruktur und verständliche Rating-Rahmenbedingungen. China war zu dieser Zeit eher ein experimentelles Pflaster. Die Emission von “Panda-Anleihen” durch das Unternehmen Rusal im Jahr 2017 war ein Versuch, die Finanzierungsquellen vor dem Hintergrund der bereits seit 2014 bestehenden Beschränkungen zu diversifizieren. Allerdings stellte sich heraus, dass dieses Finanzierungsprodukt teurer ist als klassische Finanzierungen in London oder Luxemburg.”
Die Höhe der Zinsen bleibt das wichtigste Kriterium
Nach 2022 sei der Zugang zu den westlichen Märkten vollständig gesperrt worden, “und unsere Unternehmen konnten vier Jahre lang nur inländische Anleihen und Kredite staatlicher Banken in Anspruch nehmen”. Die meisten Anleihen gehören zu den Unternehmen Rusal und Gazprom. Der russische Markt habe jedoch gewisse Nachteile: Das Emissionsvolumen sei geringer, die Zinsen höher, und es gebe keine Währungsdiversifizierung, so Handoschko.
Darüber hinaus sei die Kreditvergabe in Russland in den letzten zwei Jahren aufgrund der hohen Zinsen sehr teuer geworden, sodass ein alternativer Kreditmarkt derzeit sehr willkommen wäre.
Igor Juschkow, Experte der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation und des Nationalen Energiesicherheitsfonds (NESF), erklärt:
“Die Hauptfrage besteht darin, ob die Zinssätze der chinesischen Banken niedriger wären als die der russischen. Wenn ja, dann wäre dies natürlich für russische Energieunternehmen von Vorteil. Sie benötigen so oder so Kredite für ihre laufenden Aktivitäten, ganz zu schweigen von Großprojekten. Und solche Großprojekte, für die man Geld benötigt, gibt es tatsächlich. So wird Gazprom nach der geplanten Unterzeichnung des Kontrakts in Kürze vor der Aufgabe stehen, den Bau einer neuen Gaslieferroute nach China über “Sila Sibiri – 2” (dt.: Kraft Sibiriens – 2) zu finanzieren, die als das kostenintensivste Projekt im Gassektor gilt. Darüber hinaus muss Gazprom die Fördermenge um acht Milliarden Kubikmeter Gas erhöhen, um den Lieferanstieg über “Sila Sibiri – 1” und die Fernost-Route auszugleichen, worauf sich die Parteien kürzlich einigten. Auch Rosneft setzt den Bau von “Wostok Oil” (dt.: Ost-Öl) fort.”
Der Experte fährt fort:
“Wenn die OPEC+ ihre Förderquoten weiter erhöht, erhöhen sich die Kosten für die Erschließung neuer Lagerstätten und die Förderkosten für alte, in denen sich die Qualität der Ressourcenbasis verschlechtert. Daher besteht bei den russischen Energieunternehmen ein Bedarf an günstigen Finanzmitteln. Die Frage ist, inwieweit China bereit ist, für diese Unternehmen günstige Kreditbedingungen zu gewähren. Bislang war dies nicht der Fall.”
Wladimir Tschernow, Analytiker bei “Freedom Finance Global”, erklärt:
“Einige Unternehmen werden wohl weiterhin einen Teil ihrer Kredite in Russland aufnehmen, da sie kaum von externen Kanälen abhängig sind. Für Großprojekte, vor allem exportorientierte, ist es aber immer besser, die Kapitalquellen zu diversifizieren. Außerdem sind Kredite in Russland derzeit teuer, auch wenn der Zinssatz langsam sinkt.”
Seiner Meinung nach sollten Unternehmen mit erheblichen Einnahmen und Geschäftsbeziehungen in China, wie Rosatom (über seine Strukturen, die nicht von Sanktionen betroffen sind), Gazprom oder Nowatek, als erste Kandidaten für den Erwerb von “Panda-Anleihen” in Betracht kommen.
Westliche und chinesische Ratingagenturen beurteilen die Risiken unterschiedlich
Bemerkenswert ist, wie unterschiedlich westliche und chinesische Ratingagenturen russische Energieunternehmen bewerten. Dies kommentiert Julia Handoschko wie folgt:
“Westliche Ratingagenturen stufen russische Anleihen als spekulativ ein, da Sanktionen und der fehlende Zugang zum Clearing das Ausfallrisiko formal erhöhen. Chinesische Ratingagenturen sehen das anders. Für China ist Gazprom ein strategischer Partner und kein Emittent mit technischen Einschränkungen. Deshalb hat dieses Unternehmen in China ein hohes Rating, ebenso wie Atomenergoprom (eine Tochtergesellschaft von Rosatom), Nowatek und Zarubeschneft.”
Julia Handoschko fährt fort:
“Der Kernpunkt dabei ist, dass China dem russischen Finanzministerium nach wie vor keinen Zugang zum Binnenmarkt gewährt. Solange diese Beschränkung besteht, ist es verfrüht, von einem vollständigen Eintritt Russlands in den chinesischen Anleihemarkt zu sprechen. “Panda-Anleihen” sollten als Ergänzung und nicht als Ersatz für inländische Geldaufnahme betrachtet werden.”
“Es bestehen weiterhin Risiken in Form von sekundären Sanktionen, hohen Betriebskosten und Schwierigkeiten bei den Zahlungsabwicklungen. Darüber hinaus verlangen Investoren eine Prämie für politische Risiken. Die Risiken können durch Tochtergesellschaften oder Strukturen, die nicht unter die Sanktionen fallen, durch den Erhalt eines lokalen chinesischen Kreditratings und durch umfassende Maßnahmen zur Offenlegung von Informationen und rechtlichen Garantien minimiert werden. Die Transaktionen und das Clearing werden wahrscheinlich vollständig in Yuan über chinesische Banken abgewickelt, um die Beteiligung westlicher Vermittler zu minimieren. Meiner Meinung nach bietet jedoch keine dieser Methoden einen 100-prozentigen Schutz vor sekundären Sanktionen, sie verringern lediglich deren Wahrscheinlichkeit”, fasst Wladimir Tschernow zusammen.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 9. September 2025 zuerst auf der Homepage der Zeitung Wsgljad erschienen.
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