In der ARD-Sendung mit Caren Miosga fiel ein Satz, der für Aufsehen sorgt. Auf die Frage, wer in Deutschland zu wenig arbeite, antwortete CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann: “Zum Beispiel Rentner”. Damit lenkt die Union den Blick auf eine Bevölkerungsgruppe, die bisher kaum im Fokus der Arbeitsmarktreform stand – und stellt zugleich die Frage, wer künftig welchen Beitrag zum Gemeinwesen leisten soll.
Linnemann wirbt für eine sogenannte Aktivrente. Wer nach Erreichen des Rentenalters weiterarbeitet, soll bis zu 2000 Euro monatlich steuerfrei hinzuverdienen können. Auch bei der Hinterbliebenenrente soll der Hinzuverdienst erleichtert werden. Die Regierung will niemanden verpflichten – doch der Tonfall ist klar: Wer kann, soll auch im Alter produktiv bleiben.
“Wer arbeitet denn jetzt zu wenig?” in Deutschland, fragt Miosga.Antwort Linnemann: “Die Rentner.” pic.twitter.com/rZX1uLj3BV
— Gr@ntlɘr 🥨🍺 (@oida_grantler) May 26, 2025
Die Initiative kommt zu einem Zeitpunkt, an dem der Bundeshaushalt auf Kante genäht ist. Die Kosten für “Geflüchtete”, insbesondere aus der Ukraine, steigen weiter. Laut Haushaltsdaten flossen allein 2024 über sechs Milliarden Euro in Leistungen für ukrainische Staatsbürger – inklusive Sozialhilfe, Unterbringung und Integrationsmaßnahmen. Gleichzeitig fehlen Pflegekräfte, Handwerker, Lehrer – und die Zahl der Beitragszahler sinkt.
Während Ältere motiviert werden sollen, länger zu arbeiten, entfallen auf andere Bevölkerungsgruppen kaum verpflichtende Maßnahmen zur Integration in den Arbeitsmarkt. Der politische Fokus liege offenkundig nicht auf Leistung, sondern auf Umverteilung.
Linnemann selbst formuliert es anders. Für ihn geht es um “Selbstverantwortung” und “Solidarität zwischen den Generationen”. In einem früheren Interview beklagte er, dass in Deutschland nicht mehr von “Work-Life-Balance”, sondern von “Life-Life-Balance” die Rede sei. Leistung und Pflichtgefühl seien ins Hintertreffen geraten.
Die schwarz-rote Koalition plant auch die Lockerung des Acht-Stunden-Tags zugunsten flexibler Wochenarbeitszeiten. Laut Ipsos-Umfrage unterstützen 46 Prozent der Bevölkerung diesen Vorschlag, 44 Prozent lehnen ihn ab. Es geht um mehr Eigenverantwortung – aber auch um mehr Druck auf die Einzelnen.
Während Linnemanns Aussagen Befürwortung bei Wirtschaftsverbänden finden, kritisieren Gewerkschaften die Pläne als indirekten Zwang. Wer heute mit 67 Jahren aus dem Berufsleben ausscheide, sei oft körperlich erschöpft – und auf Erholung angewiesen.
Eine “Produktivitätspflicht bis ins Grab” sei weder sozial noch realistisch.
Wer trägt künftig die Last des Systems? Wer arbeitet tatsächlich zu wenig – und wer soll noch mehr leisten? Der CDU-General hat seine Antwort gegeben. Die Reaktion darauf wird zeigen, wie viel Solidarität noch in der Gesellschaft steckt.
Mehr zum Thema – Wien zahlt 18.000 € pro Monat für einen jungen Asylwerber – Was steckt hinter den hohen Kosten?