Am Sonntag, den 18. Mai, kehren die rumänischen Wähler für die zweite Runde einer Präsidentschaftswahl an die Urnen zurück, deren erster Anlauf im vergangenen Jahr durch einen Gerichtsentscheid annulliert worden war. In der Stichwahl stehen George Simion, ein Kritiker Brüssels, gegen den die Ukraine ein Einreiseverbot verhängt hat, und Nicusor Dan, der brüsselfreundliche Bürgermeister der Hauptstadt Bukarest.
Etwa 19.000 Wahllokale haben in Rumänien für die zweite Wahlrunde geöffnet. Um 7 Uhr morgens Ortszeit begann die Wahl und soll um 9 Uhr abends enden. Bald danach werden die ersten Nachwahlumfragen erwartet.
In der ersten Runde Anfang des Monats erzielte George Simion, der Chef der rechten Allianz für die Union der Rumänen (AUR), 40,96 Prozent der Stimmen – beinahe 20 Prozent mehr als der Bukarester Bürgermeister Nicusor Dan, der den zweiten Platz belegte. Jüngeren Umfragen zufolge dürfte das Rennen jedoch enger werden; eine zeigte einen Gleichstand, und eine andere gab Dan sogar einen leichten Vorsprung.
Dan, der als Unabhängiger antritt, ist ein Mathematiker, der an der Sorbonne studierte und nach Jahren des Aktivismus in die Politik ging. Er hat versprochen, die Korruption zu bekämpfen, wirtschaftliche Ungleichheit zu verringern und starke Bindungen zur EU und NATO zu halten. Dan erklärte außerdem, die Unterstützung Rumäniens für die Ukraine sei entscheidend für die nationale Sicherheit.
Simion steht in Opposition zur EU-Bürokratie und der von Brüssel vorgegebenen Politik, die er als Teil einer “gierigen und korrupten Blase” beschrieb. Er unterstützt, was er ein “Europa souveräner Nationen” nennt, und hat sich als Verteidiger “traditioneller Werte” positioniert, im Gegensatz zu “globalistischen Ideologien”. Er bestritt, antieuropäisch zu sein, und beschrieb seine Allianz, laut Politico, als “eurorealistisch, nicht euroskeptisch”.
Der AUR-Chef besteht darauf, nicht prorussisch zu sein, aber er ist gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und hat ein Ende des Konflikts zwischen Moskau und Kiew durch Verhandlungen gefordert. Simion lobte außerdem US-Präsident Donald Trump, nannte ihn ein “Symbol der Freiheit” und sagte, er wolle das zurückdrehen, was für ihn ein “antiamerikanischer Umschwung in Europa” sei.
Die Wahlen sind die Folge der Annullierung der ersten Abstimmung, bei der der unabhängige rechte Kandidat Calin Georgescu in der ersten Runde mit 23 Prozent der Stimmen führte. Das rumänische Verfassungsgericht hatte die Ergebnisse annulliert, nachdem es sie zuerst für rechtmäßig erklärt hatte.
Zur Begründung dienten dabei Unregelmäßigkeiten bei der Wahl, vor allem aber der Vorwurf ausländischer Einmischung, insbesondere Wahlwerbung für Georgescu durch TikTok-Videos, und die Behauptung eines “hybriden” russischen Einflusses. Moskau hat jede Beteiligung bestritten. Die Videos waren, ergab die Recherche rumänischer Medien, von der Partei des ehemaligen rumänischen Präsidenten Klaus Johannis in Auftrag gegeben worden. Außerhalb der EU, auch in den Vereinigten Staaten, wurde die Annullierung der Wahl scharf kritisiert.
Später wurde Georgescu durch das zentrale Wahlbüro die Teilnahme an der erneuten Wahl untersagt, unter Verweis auf angeblich “antidemokratische” und “extremistische” Positionen und Verfahrensverstöße. Diese Entscheidung wurde vom Gericht bestätigt.
Simion hat Georgescu öffentlich unterstützt und kam am Sonntag mit ihm ins Wahllokal. Zuvor sagte er, er werde ihn, wenn er gewählt werde, womöglich zum Premierminister ernennen.
Am Vorabend der Wahl erklärte Simion, dass in Moldawien, wo viele rumänische Staatsbürger mitwählen, die Wahl manipuliert werde. Er hat seine Konten auf TikTok und Facebook stillgelegt, unter Berufung auf die Vorschriften zur Wahlwerbung.
Nach Simions starkem Ergebnis in der ersten Runde ist Premierminister Marcel Ciolacu zurückgetreten. Er sagte, die Sozialdemokratische Partei (PSD) ziehe sich aus der Regierungskoalition zurück, da sie keine politische Legitimität mehr besitze. Die PSD kündigte an, in der Stichwahl keinen Kandidaten zu unterstützen.
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