Laut dem russischen Regierungsbeamten Wladimir Rogow ist die ukrainische Garnison in Welikaja Nowosjolka von Süden und Norden her eingekreist und aufgeteilt worden. Rogow teilte zudem mit, dass die Sturmeinheiten der Verbandsgruppe Wostok im Ort operieren. Derzeit finde die Räumung von Gebäuden und Kellern statt. Das russische Verteidigungsministerium gab am Vortag bekannt, dass die ukrainische Verteidigung des Ortes durchbrochen und die dort verbliebene Garnison blockiert sei.
Auch ukrainische Quellen bestätigen die schwierige Lage in Welikaja Nowosjolka. Laut dem Nachrichtenportal Zensor können die ukrainischen Soldaten die in die Zange genommene Siedlung nur zu Fuß und unter großer Lebensgefahr verlassen. Das russische Militär hat den eingekesselten Truppen am Donnerstag ein Ultimatum für die Kapitulation gestellt. Die russischen Soldaten konnten zu diesem Zeitpunkt bereits die russische Flagge auf einem Dach im Zentrum des Ortes hissen.
Die stadtähnliche Siedlung Welikaja Nowosjolka ist die letzte Befestigung der ukrainischen Armee im Südwesten der Volksrepublik Donezk und ein für die Versorgung der Truppen wichtiger Knotenpunkt. Früher haben hier bis zu 8.000 Menschen gewohnt. Der Ort galt als eines der kulturellen Zentren der Asow-Griechen. Im Mai 2014 stimmten die Einwohner für die Unabhängigkeit der Donezker Volksrepublik. Doch binnen weniger Wochen übernahmen die Kiewer Truppen wieder die Kontrolle über den Ort.
Die Befreiung von Welikaja Nowosjolka stellt einen wichtigen Schritt im Kampf um den westlichen Donbass dar. Bis zu den administrativen Grenzen der Gebiete Saporoschje und Dnjepropetrowsk sind es von hier aus nur noch 20 Kilometer; bis zur weiter westlich gelegenen Gebietshauptstadt Saporoschje sind es 120 Kilometer. Laut dem russischen Militärexperten Jewgeni Krutikow sind die kleinen Orte und die flache Steppenlandschaft in dieser Region wenig für Verteidigungsmaßnahmen geeignet, was den russischen Truppen ermöglicht, schnell vorzustoßen.
Derzeit könnten sich in dem Ort noch einige Hundert ukrainische Soldaten verschanzt haben. Wie schon oft in der Vergangenheit wurden auch dieses Mal von ukrainischen Militärbloggern Vorwürfe gegen die Militärführung erhoben. Sie kritisieren, dass diese keinen geordneten Abzug aus dem operativ eingekreisten Ort organisiert habe. Die Verzögerung habe politische Gründe, vermuten einige Experten. Wladimir Selenskij, der diese Woche am Weltwirtschaftsforum in Davos teilnahm, habe vermeiden wollen, dass sein Auftritt von der Nachricht über den Verlust eines strategisch wichtigen Ortes überschattet würde.
Mehr zum Thema – Russlands Armee bereitet Befreiung von Torezk, Tschassow Jar und Welikaja Nowosjolka vor