Ein Moskauer Gericht hat am Mittwoch die Schließung der noch zu Sowjetzeiten gegründeten Moskauer Helsinki-Gruppe, einer der bekanntesten Menschenrechtsorganisationen Russlands, angeordnet. Im vergangenen Monat hatte das Justizministerium einen Gerichtsbeschluss zur Schließung eingereicht. Die Klage stützte sich auf die Ergebnisse einer außerplanmäßigen Inspektion durch die Moskauer Staatsanwaltschaft, die im November stattfand, berichtete die Wirtschaftszeitung RBK. Das Justizministerium hatte der Helsinki-Gruppe vorgeworfen, gesetzeswidrig außerhalb der Moskauer Region tätig geworden und etwa bei Prozessen in anderen Teilen des Landes anwesend gewesen zu sein.
Die Vertreter der Organisation kündigten an, gegen das Urteil Einspruch einzulegen. “Die MHG ist die älteste Menschenrechtsorganisation des Landes und hat seit den ersten Tagen ihres Bestehens umfangreiche Konsolidierungsarbeit geleistet. Die Behauptungen, die aufgestellt werden, sind absurd. Menschenrechte sind extraterritorial”, sagte der Co-Vorsitzende Waleri Borschtschjow vor Gericht. Die Auflösung der Organisation sei ein Schlag für die Menschenrechtsbewegung nicht nur in Russland, sondern weltweit.
Die Moskauer Helsinki-Gruppe wurde im Jahr 1976 von einer Gruppe russischer Dissidenten unter der Leitung des sowjetischen Physikers Juri Orlow gegründet. Die Organisation wurde zu einem wichtigen zivilgesellschaftlichen Mechanismen zur Aufdeckung von Menschenrechtsverletzungen in der Sowjetunion und später auch in Russland. Seit 2012 verzichtete die Menschenrechtsorganisation auf ausländische Finanzierung wegen des verabschiedeten Gesetzes über sogenannte ausländische Agenten. Auf der Webseite der Organisation heißt es, ihre Mission sei es,”die Achtung der Menschenrechte zu fördern und die Demokratie in Russland aufzubauen”.
Ab 1996 wurde die Organisation von Ljudmila Aleksejewa geleitet. Sie war bis zu ihrem Tod im Jahr 2018 Vorsitzende der Gruppe. Der russische Präsident Wladimir Putin war bei ihrem Begräbnis anwesend.
Mehr zum Thema – Schweizer zieht wegen Rundfunkgebühren vor Gerichtshof für Menschenrechte