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Trump befördert Machtverschiebung von EU-Brüssel zurück zu Mitgliedsstaaten

rtnews by rtnews
09/04/2025
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Trump will mit “Loser von der Leyen” nicht verhandeln, aber er rollt den Teppich für Italiens Meloni aus. Damit beschleunigt Trump den Niedergang des ohnehin bereits angeschlagenen größenwahnsinnigen Projekts der Europäischen Union als Supermacht “auf Augenhöhe mit den USA”.

Von Rainer Rupp

Ein eisiger Wind weht zwischen Brüssel und Washington. Trump benimmt sich gegenüber den europäischen US-Vasallen, wie dies die römischen Gott-Kaiser einst mit ihren Untertanen in Rom taten. Er – und nur er persönlich – entscheidet, wer was, wo tun und nicht tun darf. Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist nicht einmal mehr am Verhandlungstisch willkommen. Trump will mit jemand anderem sprechen. Und wer erhält eine Audienz im Weißen Haus? Giorgia Meloni, die italienische Ministerpräsidentin, mit der Trump seit Jahren einen ideologischen Flirt pflegt. Die EU-Kommission in Brüssel darf reden, aber Trump bestimmt, wer Europa vertreten darf.

Für die demokratisch nicht gewählte Machthaberin und ihr Gefolge im EU-Regime in Brüssel ist das ein harter Schlag, der das Selbstverständnis der EU-Kommission infrage stellt. Zugleich wird durch Trumps Schachzug die Autorität von Frau von der Leyen aberkannt, als Vorsitzende der EU-Kommission in internationalen Handelsfragen die Einzige zu sein, die das Mandat hat, für alle Mitgliedsländer der EU zu sprechen. Die nationalen Parlamente der EU-Mitgliedsstaaten haben ihr Entscheidungsmandat in Handelsfragen – und nicht nur in diesem Bereich – bereits vor einem Vierteljahrhundert an die Kommission in Brüssel abgegeben. Dieses Mandat in die nationalen Parlamente zurückzuholen, müsste endlich auf die Agenda des Bundestags kommen, aber aktuell setzt sich nur eine Partei dafür ein, die AfD, die deshalb als antieuropäisch und als rechtsextrem diffamiert wird.

Trump scheint ernsthaft vorzuhaben, die seit einiger Zeit kursierenden Gerüchte in die Tat umzusetzen, nämlich die EU-Kommission als Institution, die für alle Staaten der EU spricht, zu ignorieren und seine Deals mit den einzelnen Mitgliedsländern individuell auszuhandeln. Daran haben Ungarns Viktor Orbán und der slowakische Ministerpräsident Robert Fico bereits tatkräftiges Interesse bekundet. In einem Telefongespräch mit Trump hatte Fico vor kurzem über einen möglichen Zollnachlass für slowakische Exporte von Automobilprodukten gesprochen, denen in der lokalen Wirtschaft eine große Bedeutung zukommt.

Wegen dieses Alleingangs wurde Ministerpräsident Fico laut eigenem öffentlichem Bekunden von Frau von der Leyen eine halbe Stunde lang am Telefon beschimpft. Jetzt hat Trump von der Leyen von seinem Verhandlungstisch verbannt. Stattdessen ist die italienische Ministerpräsidentin willkommen. Wenn dieser Trend sich verfestigt, dann würde er damit das Ende der Europäischen Union als politisches Projekt zur Schaffung eines europäischen Zentralstaats einläuten. Dem feuchten Traum, eine Supermacht “auf Augenhöhe mit den USA” zu schaffen, müssten die EU-Machtpolitiker Adieu sagen.

Man kann von Trump als Person halten, was man will, aber wenn er es ernst meint, diesen EU-Größenwahn zu killen, sollten alle Bürger Europas ihm dankbar sein, denn das hochgefährliche politische Projekt zur Schaffung einer zentral geführten, militärischen EU-Supermacht ohne demokratische Kontrolle in den Händen einer unverantwortlichen politischen Elite in Brüssel wäre ein Albtraum. Dessen Ende würde nicht automatisch das Ende der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft bedeuten, die als Teil im politischen EU-Vertrag weiterbesteht. Wir könnten zurück zu einem Europa der Nationen und einer eigenständigen Politik, die wieder in den etwas durchsichtigeren nationalen Parlamenten und nicht länger in den dunklen Hinterzimmern in Brüssel ausgemauschelt wird.

Am Mittwoch, dem 9. April, um Punkt 6:01 Uhr morgens, haben die Vereinigten Staaten ein neues Kapitel in ihrem eskalierenden Handelskrieg aufgeschlagen. Jedes europäische Produkt, das den Atlantik überquert, wird mit einem Einfuhrzoll von 20 Prozent belegt. Für andere Länder geht es noch weiter: 24 Prozent für Japan, 25 Prozent für Südkorea und schwindelerregende 54 bis 104 Prozent für alles, was aus China kommt.

Während Japan und Südkorea bereits Vereinbarungen getroffen haben, um mit spezialisierten Teams über die Zölle zu verhandeln, muss Europa bis zum 17. April warten, um für Ausnahmen betteln zu dürfen. Und wen schickt Brüssel ins Herz der amerikanischen Macht? Nicht Ursula von der Leyen, sondern Giorgia Meloni. Es ist, als ob Trump selbst das Puppentheater dirigiert und entscheidet, wer die Bühne betreten darf.

Trump scheint eine persönliche Abneigung gegen Frau von der Leyen zu haben und sieht in ihr eine Vertreterin der europäischen neoliberalen Globalisten und Woke-Anhänger.

Mit Meloni hingegen funkt es, beide teilen eine Abneigung gegen Woke-Aktivismus. Ihre ideologischen Schnittpunkte als Gegner des “Globalismus” und dessen Organisationen wie WHO, WEF, und anderen Institutionen, die in nationale Entscheidungen hineinregieren wollen, bilden die Brücke, die sie verbindet.

Von der Leyen hat jedoch zu keinem Zeitpunkt ihre Abneigung gegen Trump verheimlicht. Im Gegensatz zu anderen deutschen und westlichen Spitzenpolitikern hat sie aber auf ausgesprochen verletzende Beleidigungen verzichtet. Zuletzt sagte sie am 3. April 2025 anlässlich einer Rede über Trumps 20-prozentige Zölle auf die EU-Produkte:

“Es scheint keine Ordnung in dem Durcheinander zu geben, kein klarer Weg durch die Komplexität und das Chaos, das geschaffen wird.”

Die Anspielung auf “Chaos” hat Washington sicherlich als das interpretiert, was auch damit gemeint war, ein Seitenhieb auf Trumps Führungsstil. Ihre Ablehnung Trumps geht bereits auf seine erste Amtszeit zurück. Daran erinnerte sie während einer Rede in Berlin am 18. November 2021 bei der Verleihung des Henry-A.-Kissinger-Preises, als sie Trumps Kritik an der NATO verurteilte. Damals sagte sie:

“Ich war entsetzt und zutiefst besorgt über Trumps Äußerung im Januar 2017, dass die NATO ‘obsolet’ sei.”

Von der Leyen ist auf dem Papier immer noch die mächtigste Frau Europas und jahrelang war sie die offizielle Stimme des politischen Projektes “Europäische Union”, in dem sie ohne Widerstand, d. h. mit stillschweigender Zustimmung der Eliten der großen Mitgliedsländer ganz ohne politisches Mandat immer mehr politische Zuständigkeiten von den Nationalstaaten weg nach Brüssel holen konnte.

Jetzt schaut sie von der Seitenlinie zu, wie ihre und die Macht ihrer EU-Kommission bröckeln, nachdem sie von Washington als unerwünscht erklärt worden war und Meloni stattdessen eingeladen wurde. Dennoch machte sie gute Miene zum “bösen Spiel” und rettete zumindest noch etwas von der Fassade ihrer Autorität, indem sie Meloni offiziell beauftragte, an ihrer Stelle nach Washington zu reisen und ihr ihren politischen Segen mit auf den Weg gab.

All das sagt viel über den Zustand der EU und ihre politische Einheit aus. Am 17. April werden in Washington die Kameras auf Meloni gerichtet sein, nicht auf Brüssel. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass die Europäische Kommission nicht mehr der europäische Ansprechpartner in Washington ist. Die Macht verschiebt sich, von Brüssel zurück zu den Mitgliedsstaaten, erst zaghaft, aber es ist ein Riss im Damm.

Mehr zum Thema – Im Interview mit Financial Times: Meloni gibt Trump bei Europa-Kritik recht



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