Bei ihrem 90-minütigen Gespräch am Mittwoch einigten sich US-Präsident Donald Trump und sein russischer Amtskollegen Waldimir Putin drauf, schnellstmöglich mit Verhandlungen zur Beilegung des Ukraine-Konflikts zu beginnen. Beide Seiten betonten im Anschluss die produktive Atmosphäre des Gesprächs.
Die Aussicht auf einen baldigen Frieden und ein Ende des Sterbens im Donbass nach über zehn Jahren zieht den Unmut deutscher Politiker auf sich, die sich von Trump übergangen fühlen.
Baerbock und Pistorius wollen nicht am Katzentisch sitzen
Trumps Anruf sei “sehr aus der Kalten heraus” gewesen “und das ist eben die Art und Weise, wie diese Trump-Administration agiert”, so Annalena Baerbock. Deswegen müsse man in Dauerkontakt mit allen unterschiedlichen Akteuren sein, sagte die Außenministerin. “So machen andere auch keine Außenpolitik, aber das ist jetzt die Realität, dass es ja fünf unterschiedliche beauftragte Minister gibt, die sich alle um das Ukraine-Dossier kümmern.”
Baerbock pocht auf die Einbeziehung der Europäer in mögliche Friedensverhandlungen:
“Frieden kann es nur gemeinsam für uns alle geben, das heißt, mit der Ukraine und mit den Europäern.”
Auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius kritisiert die US-Strategie und nannte es am Rande des NATO-Rates in Brüssel am Donnerstag “bedauerlich”, dass die Trump-Regierung gegenüber Putin “vor Beginn von Verhandlungen öffentlich Zugeständnisse gemacht” habe. “Aus meiner Sicht wäre es besser gewesen, über eine mögliche NATO-Mitgliedschaft der Ukraine oder über mögliche Gebietsverluste erst am Verhandlungstisch zu sprechen”, fügte Pistorius hinzu.
Wichtig sei, dass die Europäer an solchen Verhandlungen beteiligt seien, mahnte der SPD-Politiker. Schließlich seien sie dann ja ein wesentlicher Teil einer neuen Ordnung und dürften “nicht am Katzentisch sitzen”, so Pistorius.
US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hatte am Mittwoch auf dem Ramstein-Treffen in Brüssel betonte, dass es keine Perspektive für eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine gebe. Außerdem sei eine Rückkehr zu den Grenzen vor 2014 eine unrealistische Perspektive sei:
“Wir wollen eine souveräne und blühende Ukraine. Aber wir müssen anfangen anzuerkennen, dass eine Rückkehr zu den Grenzen der Ukraine vor 2014 eine unrealistische Perspektive ist. Diesem illusionären Ziel nachzujagen, wird den Krieg nur verlängern und mehr Leid verursachen”, sagte Hegseth.
Kiesewetter will mit “Koalition der Willigen” Krieg fortsetzen
Mit deutlich schärferen Worten verurteilte Roderich Kiesewetter die sich anbahnenden Verhandlungen zwischen Washington und Moskau. Der CDU-Außenpolitiker warnte vor desaströsen Folgen für Deutschland und Europa: “Trumps Telefonat mit Putin und seine Verhandlungsabsichten über die Köpfe der Europäer und vor allem der Ukrainer hinweg sind ein absolut fatales Signal für die weltweite Nachkriegsordnung”, sagte Kiesewetter gegenüber der Rheinischen Post.
Ein “völkerrechtswidriger Angriffskrieg” werde “mit Territorium belohnt”, meint Kiesewetter. “Das begräbt die Idee der NATO und höhlt Artikel 5 komplett aus. Die Zeit des Redens ist vorbei”, so der CDU-Mann, der sich in der Vergangenheit für Taurus-Lieferungen an Kiew starkmachte, um damit Ministerien in Moskau angreifen zu können.
Was er damit meinte, dass die Zeit des Redens vorbei sei, präzisierte Kiesewetter anschließend:
“Eine Koalition der Willigen innerhalb Europas muss die Führung übernehmen. Donald Tusk und die baltischen Regierungschefs gehen schon stark in diese Richtung. Es wird nun an der nächsten Bundesregierung liegen, sich diesen Initiativen entweder anzuschließen oder dem Untergang der Nachkriegsordnung zuzuschauen.”
Der Ausdruck “Koalition der Willigen” geht auf die Amtszeit von US-Präsident George W. Bush zurück, der eine “Koalition der Willigen” in Europa und anderswo um sich scharte, um im März 2003 den Irak militärisch zu überfallen – Deutschland unter Kanzler Gerhard Schröder war nicht Teil dieser Koalition. Die Aussage von Kiesewetter zeugt also von der Bereitschaft, den Krieg gegen Russland auch ohne Unterstützung der USA fortzusetzen.
Freude bei Alice Weidel: So geht das!
Genau entgegengesetzte Töne schlug AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel an. Sie begrüßte auf der Plattform X die Annäherung zwischen Trump und Putin:
“So geht das! USA & Russland verhandeln. Die führungslose EU hat es über drei Jahre nicht geschafft, irgendetwas auf den Weg zu bringen.”
So geht das! USA & Russland verhandeln. Die führungslose EU hat es über drei Jahre nicht geschafft, irgendetwas auf den Weg zu bringen. Stattdessen waren Brüssel & Berlin damit beschäftigt, den Kontinent zugrunde zu richten – mit illegaler Migration, hohen Energiepreisen, hohen… pic.twitter.com/C6BcQhfAy6
— Alice Weidel (@Alice_Weidel) February 12, 2025
Stattdessen seien Brüssel und Berlin damit beschäftigt gewesen, den “Kontinent zugrunde zu richten – mit illegaler Migration, hohen Energiepreisen, hohen Steuern, CO₂-Abgabe, Verboten, Bürokratie und Zerstörung der Industrie”, so die Kanzlerkandidatin.
Indessen haben Länder wie Saudi-Arabien und China angeboten, ein Gipfeltreffen von Putin und Trump zu organisieren. Die beiden Präsidenten haben nach ihrem Telefonat angekündigt, sich bald persönlich treffen zu wollen.
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