Von Stanislaw Krapiwnik
Eines der Dinge, für die US-Präsident Donald Trump gerade spricht, als Konvertit, sind Kryptowährungen. Trump hat erklärt, die USA würden die Kryptozentrale der Welt werden. Das ist weit entfernt von seiner Ausgangsposition in seiner ersten Amtszeit, als er erklärte, Kryptowährungen, Bitcoin eingeschlossen, bestünden aus “nichts als Luft”.
In Wirklichkeit ist eine Kryptowährung – egal, wie sie geschaffen wird, oder ob sie, im Falle von Bitcoin (BTC), künstlichen Ausgabebeschränkungen unterliegt –, tatsächlich kein Geld, sondern nur ein Kredit. Anders als die Währungen von Nationalstaaten, eingeschlossen Digitalwährungen wie den Digiyuan oder den Digirubel, beruht Krypto nicht auf physischem Gold, Silber oder Öl oder irgendeinem anderen Rohstoff, den eine Nation als Reserve besitzt oder exportiert. Auch hat der Bitcoin als vertrauenswürdiges Gut keinerlei Verbindung zur Kreditwürdigkeit eines bestimmten Landes oder dessen nationaler Geldpolitik.
Für Bitcoin-Fans wie den ehemaligen RT-Showmoderator Max Keiser ist das genau der Vorteil des Bitcoins. Das macht den BTC auch zum attraktiven Vehikel für einen ‘Großen Reset’ der massiv überschuldeten (G)7-Volkswirtschaften des Kollektiven Westens. In den Augen von Bitcoin-Hassern wie dem kalifornischen demokratischen Abgeordneten Brad Sherman ist BTC ein Werkzeug für böse Russen, um Sanktionen zu durchbrechen, und für Cyberkriminelle, um ihre illegalen Transaktionen im Dark Web durchzuführen. Aber in Wirklichkeit ist BTC, dank der Tatsache, dass jede Transaktion “auf der Kette” durch die NSA und andere Nachrichtendienste der westlichen Five Eyes nachverfolgbar ist (sogar bei Transaktionen zwischen teilanonymisierten “kalten Geldbörsen”, die offline geblieben sind) weniger als ideal für ein großformatiges Durchbrechen von Sanktionen oder den Drogenhandel.
Das ist der Hauptgrund, warum sich Russland, das am meisten sanktionierte Land der Welt, wenn auch vorsichtig, in Richtung der Herausbildung seines eigenen Ökosystems für Krypto-Transaktionen bewegt hat, mit einer klaren Bevorzugung von BTC, die innerhalb der Russischen Föderation “gefördert” wurden. Was Lateinamerika angeht, bevorzugen die mexikanischen Drogenkartelle, trotz der Existenz von sehr auf Privatsphäre orientierten Kryptos wie Monero (XMR), das in den Kokainanbaugebieten Südamerikas recht verbreitet ist, immer noch das harte, kalte Bargeld. Sie genießen es, ihre Drogengewinne durch die respektable Wirtschaft und die Großbanken zu waschen, ohne dabei viel Bargeld in Bitcoin umwandeln zu müssen, auch wenn dafür einige Fälle öffentlich bekannt sind.
Donald Trumps Kehrtwende bei den Kryptowährungen ist beinahe so verwirrend wie seine Kehrtwende bei “Lil’Marco” Rubio, über den er in seiner ersten Amtszeit sagte, er würde ihm nicht einmal sein kleinstes und schwächstes Unternehmen anvertrauen, der jetzt aber das State Department führt. Trump schwingt jedoch nicht nur Reden. Sein Geld folgt seinen Worten, oder vielmehr, er bewegt Euer Geld dorthin, wohin seine Reden führen. Drei Tage vor seiner Amtseinführung, am 17. Januar 2025, gab Trump eine Riesenparty für die führenden Köpfe der Kryptoindustrie, nur 15 Minuten Fußmarsch vom Weißen Haus entfernt. Während der Party verkündete Trumps Website die Lancierung der Donald-Trump-Meme-Coin ($Trump-Coin). Trump kündigte ihren Start mit folgenden Worten an:
“Mein neues offizielles Trump-Meme ist da! Jetzt ist die Zeit, um alles, wofür wir stehen, zu feiern: Gewinnen! Schließt Euch meiner sehr besonderen Trump-Gemeinschaft an.”
Für diejenigen, denen Meme-Coins kein Begriff sind – sowohl innerhalb als auch außerhalb des Kryptogewerbes werden sie oft abwertend Shitcoins (Scheißmünzen) genannt: Sie sind die instabilste Form eines ohnehin bereits sehr unstetigen Investment-Werkzeugs. Der Grund, warum sie Meme-Coin genannt werden, ist, weil sie so flüchtig sind, dass ein einfaches Meme seinen Marktwert rapide verändern kann.
Die $Trump-Coin begann mit der ursprünglichen Ausgabe von 200 Millionen, von denen 160 einer der Firmen von Trump und seinen engen Partnern gehörten. Der Rest, die ganzen 40 Millionen, wurde auf dem Markt verkauft. Dabei sollte man anmerken, dass es derzeit bereits eine Milliarde $Trump-Coins gibt, und die anderen 800 Millionen innerhalb der nächsten drei Jahre verkauft werden.
Die anfänglichen Ergebnisse waren erstaunlich, denn nach einem Einstiegspreis von 17 US-Cent erreichten sie binnen zwei Tagen einen Höchstwert von 74,71 US-Dollar. Trump wurde auf einen Schlag Kryptomilliardär. Hunderttausende Investoren, die meisten davon Trump-Fans und absolute Krypto-Neulinge, stiegen ein.
Am 19. Januar erreichte Trumps geschätztes Vermögen einen Wert von 56,6 Milliarden US-Dollar, davon 89 Prozent in Krypto. All seine anderen Besitztümer, darunter sein weltweites Imperium aus Hotels und Luxusimmobilien, wie auch zwei der zwei- beziehungsweise dreimaligen Sieger bei Präsidentschaftswahlen geförderten Bekleidungsmarken, belaufen sich auf lediglich 5,2 Milliarden US-Dollar.
Der erste Absturz erfolgte am Tag der Amtseinführung, als FLOTUS [First Lady of the United States, also Trumps Ehefrau] Melania Trump ihre eigene Meme-Coin ankündigte. Aus dem Hoch von 74,71 US-Dollar wurden 57,90 Dollar. Zwei Tage später, am 22. Januar 2025, erreichte es ein zweites Hoch von 71,62 Dollar, bevor es auf derzeit rund 29 US-Dollar fiel.
Schätzungsweise an die 100.000 Investoren haben bereits Geld verloren, nicht aber POTUS47 (POTUS steht für President of the United States, Trump ist in seiner zweiten Amtszeit der 47. Präsident), der nie wirklich Geld in die Lancierung investiert hatte, sondern nur Startgebühren. Also ist jeder Preis oberhalb der willkürlich gesetzten 17 Dollarcent für ihn bereits ein Gewinn. Es ist unklar, ob Trump irgendwelche der 160 Millionen $Trump-Coins verkauft hat, da er immer noch weitere 800 Millionen zu verkaufen hat. Wenn er das tut und es schnell tut, handelt es sich um klassisches Aufblasen und Abstoßen. Ungeachtet dessen dürfte ein schneller Abverkauf dieses nicht wirklich transparenten Finanzwerkzeugs dem Präsidenten und seinen engsten Partnern irgendetwas um die 20 Milliarden US-Dollar einbringen.
Viele Beteiligte des Kryptogewerbes sind darüber empört. Das hat ihrer ohnehin angeschlagenen Glaubwürdigkeit einen harten Schlag versetzt. Ganz abgesehen davon, wie das aussieht, auf diese Weise von der zweiten Präsidentschaft zu profitieren. Selbst wenn das legal ist, wirkt es wie gröbste Marktschreierei. Aber gibt es da einen ernstzunehmenderen Interessenkonflikt?
Ja und nein. Auf der einen Seite betreffen die Gesetze zu Interessenkonflikten für höherrangige Politiker und Regierungsbeschäftigte den Präsidenten und den Vizepräsidenten nicht, so wie die Gesetze zum Insiderhandel einige der erfolgreichsten Nutzer von Insiderhandel nicht erfassen: den US-Kongress. Auf der anderen Seite hat der Präsident die direkte Entscheidung und Kontrolle darüber, wie die Exekutive die Kryptomärkte verwaltet und reguliert.
Jetzt ist also ein Kryptomilliardär die entscheidende Stimme bei der Regulierung und Verwaltung des Kryptosektors der vermeintlichen Krypto-Hauptstadt der Welt, der gleichen Nation, die schon Wall Street beherbergt, die uns jeden einzelnen größeren Finanzkollaps seit 1907 beschert hat.
Was kann da schon schiefgehen?
Übersetzung aus dem Englischen.
Stanislaw Krapiwnik, 1971 in Lugansk geboren, seit 1979 in den USA, hat dort studiert und in der Nationalgarde gedient. Arbeitete danach in der Logistik und als Berater, lebt seit 2010 wieder in Russland und ist seit 2022 als freier Journalist für verschiedene Sender tätig. Ist auf Telegram zu finden.
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