Das geoökonomische Umfeld bleibe weiterhin schwierig, schreibt das IW. Der Krieg in der Ukraine belaste ebenso wie die zunehmenden Spannungen mit China. Gleichzeitig verschieben sich die geopolitischen Verhältnisse zum Nachteil des Westens und damit auch Deutschlands.
“Die Anspannungen mit China und die undurchsichtige geopolitische Position einer Reihe von Schwellenländern sorgen für Risiken hinsichtlich der Zugänge zu Rohstoffen und Energie sowie hinsichtlich effektiver globaler Lieferketten und wichtiger Absatzmärkte.”
Mit dieser etwas verklausulierten Formulierung ist wohl die Erweiterung der BRICS gemeint. Die BRICS nehmen zum 1. Januar 2024 sechs neue Länder ins Bündnis auf. Darunter sind auch Saudi-Arabien, der Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate. Damit treten drei große Produzenten fossiler Energie dem Bündnis bei. Ob und welche Auswirkungen das für die westlichen Industrieländer hat, ist noch unklar. Klar ist dagegen, dass Saudi-Arabien, bisher enger Verbündeter der USA, sich aus diesem Bündnis zurückzieht und sich inzwischen offen den Vorgaben aus Washington widersetzt.
Das IW verweist auf die nach wie vor hohen Energiekosten, die nicht wieder auf das Vorkrisenniveau zurückkehren werden und für die deutsche Industrie ein großes Problem darstellen. Deutschland hat mit dem Verzicht auf günstige russische Energie an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt.
“… die multiplen Kostenschocks und ihre Bedeutung für die internationale Wettbewerbsfähigkeit werden von der Mehrheit der Unternehmen jedoch als dauerhaft eingeschätzt”, schreibt das IW.
Man könnte es auch anders formulieren: Deutschland als auf Export orientierte Volkswirtschaft hat faktisch sein Geschäftsmodell verloren. Das IW formuliert es etwas verklausulierter, die Bedeutung ist aber identisch. Die deutsche Wirtschaft mit ihrer Exportorientierung wird von dauerhaft hohen Energiepreisen härter getroffen. Sie büßt daher Marktanteile ein.
“Die deutsche Wirtschaft tut sich in diesem schockbehafteten Umfeld besonders schwer. Aufgrund ihres hohen Fokus auf die Weltmärkte und ihrer deshalb hohen Exportquote leidet sie überdurchschnittlich unter den geoökonomischen Schocks und der sich abschwächenden Weltwirtschaft. Mit ihrem im internationalen Vergleich hohen Industrieanteil und der Bedeutung von energieintensiven Industrien bekommt sie zudem die bestehenden Versorgungsrisiken und Kostenschocks stärker zu spüren.”
Positive Impulse könnten eventuell aus den USA kommen, glaubt das IW. Die Wirtschaftspolitik der USA sorge im Land für Wachstum. Allerdings verschweigt das IW, dass dieses Wachstum vor allem der Subventionspolitik der USA geschuldet ist, die zulasten der EU geht. Klar ist jedoch, dass sich die USA weiter von der wirtschaftlichen Entwicklung der EU entkoppeln werden.
Schwach bleibt in Deutschland die Inlandsnachfrage. Hohe Zinsen bei gleichzeitig hoher Inflation wirken sich dämpfend aus. In den Kernbereichen Industrie und Bauwirtschaft ist keine Belebung zu erwarten. Das IW prognostiziert für dieses Jahr daher einen Rückgang des Wirtschaftswachstums um 0,5 Prozent.
Verbunden mit den negativen Aussichten ist, dass die Arbeitslosigkeit in Deutschland steigen wird. Eine Arbeitslosenrate von 5,5 Prozent erwartet das IW in diesem Jahr.
Die Investitionen würden zwar anziehen, prognostiziert das IW. Sie liegen aber dennoch immer noch unter dem Niveau von 2019, dem Jahr vor Corona. Auch vier Jahre nach Beginn der Coronakrise konnte das Vorkrisenniveau nicht wieder erreicht werden. Für Deutschland deutet sich ein verlorenes Jahrzehnt an, zumal die deutsche Politik neben der Konfrontation mit Russland auch noch die Konfrontation mit China sucht.
Die Zahlen verdeutlichen insgesamt die wirtschaftlichen Probleme Deutschlands. Sie deuten auch darauf hin, dass es sich nicht um eine vorübergehende wirtschaftliche Schwächephase, sondern um ein strukturelles Problem handelt. Deutschland steigt ab.
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