Von Dagmar Henn
Es ist kaum zu übersehen, dass größere Teile der westlichen Elite langsam kalte Füße bekommen, weil sie wahrnehmen, dass ihre Planungen in der Ukraine scheitern. Selbst das “Angebot” von US-Außenminister Antony Blinken, man könne verhandeln, wenn sich Russland zurückziehe, ist, so irreal es ist, ein Zeichen dafür, dass die Neocons in Washington unter Druck stehen. Die RAND-Studie, in der vor einem langen Krieg gewarnt wird, kommt eher aus den Kreisen des Pentagons, das kürzlich seine Vorräte nachzählte und erschüttert feststellte, dass in der Ukraine schon die Granaten verpulvert wurden, die für China gebraucht würden.
Für die Panzer, die so freundlich in die Ukraine geliefert werden sollen, gibt es zum Teil nicht einmal Munition, und es ist unschwer zu erkennen, dass die acht Wochen Ausbildung, die Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius ukrainischen Panzergrenadieren gewähren will, gerade mal genügen, damit sie das Ding bis zu dem Ort fahren können, an dem es zum stählernen Sarg wird. Den Briten ist gerade eben aufgefallen, dass die Ausbildung eines F-16-Piloten bei ihnen fünf Jahre dauert, und niemand, definitiv niemand geht im Westen davon aus, dass in fünf Jahren ein Land namens Ukraine noch auf einer Landkarte zu finden ist.
Es gibt aber zwei zentrale Probleme, die einer Beendigung im Weg stehen. Das erste: Für die USA ist es absolut unmöglich, irgendwo zu verschwinden, wenn es nach einer Niederlage aussieht. Man muss es immer wie einen Sieg verkaufen können, denn die Größten und Besten … Sie wissen schon. Tatsächlich ist diese Frage des Scheins wichtiger als die des Seins, sonst wäre das ganze Getöse von wegen “Weltgemeinschaft” und so schon längst eingestellt worden, weil es der Wirklichkeit nicht standhält. Was aber nichts daran ändert, dass, in den westlichen Medien weitgehend unkommentiert, das ganze Dollarsystem gerade nicht gerade zusammenbricht, vielleicht eher zerkrümelt; hier ein Bröckchen, da ein Bröckchen. Und die wirtschaftlichen Folgen zwar vor allem Europa, aber eben auch die USA treffen. Gerade die großen Internet-Konzerne entlassen derzeit massenhaft; statistisch schlägt das noch nicht auf, weil die meisten erst gezählt werden, wenn sie ihre Abfindung aufgebraucht haben, aber die drei bis sechs Monate retten da auch nichts.
Ein Problem bei jeder Art Verhandlung ist allerdings, dass sich sämtliche westliche Länder im letzten Jahr nach Kräften bemüht haben, ihr Ansehen und ihren Ruf von Verlässlichkeit so weit zu ruinieren, dass kein Hund mehr von ihnen ein Stück Brot nähme. Das gilt selbstverständlich auch für die Russen. Schon im Rechtswesen des alten Rom gab es einen zentralen, alles überragenden Satz: Pacta sunt servanda. Verträge müssen eingehalten werden. Nur, wenn selbst die höchste völkerrechtlich denkbare Form eines Vertrags, nämlich eines vom UN-Sicherheitsrat übernommenen Vertrags, nur ein Witz ist und die Betrüger sich ihres Betrugs auch noch rühmen, auf welche Weise sollte da noch etwas abgesichert werden können? Mit Hunter Biden als Geisel?
Nun, es gäbe eine Möglichkeit. Man müsste nur das “Wag the Dog”-Szenario erweitern und die mit so viel Aufwand erzielte Spaltung der Medienwelt kreativ nutzen. Denn es ist ja jetzt schon so, dass alles, was die ukrainische Propaganda so auskocht, brühwarm den westlichen Lesern auf den Frühstückstisch gepackt wird. Wie wäre es denn dann mit einer Komplettsimulation?
Egal, ob sie ihren Wladimir Selenskij mit einpacken oder gleich durch eine Computerversion ersetzen, es ist technisch problemlos möglich, weiter so zu tun, als hätte man täglich frische Nachrichten aus Kiew und neue Bettelbotschaften, ohne dass irgendjemand real einen Fuß in diese Stadt setzen muss. Also warum sollte der Westen nicht einfach mitsamt seiner Mietlinge komplett aus der Ukraine abziehen, jede Kampfhandlung beenden, das Gebiet Russland zum Aufräumen überlassen und gleichzeitig einfach so tun, als wäre dort nach wie vor alles, wie es jetzt ist?
Es dürfte doch wohl gehen, einige Jahre lang immer wieder frische Nachrichten zu generieren, nach denen die Ukraine hier ein paar Kilometer gewinnt, dort ein paar verliert, und so die Illusion eines Krieges zu schaffen. Sollten die ukrainischen Werbekünstler dafür nicht mehr zur Verfügung stehen, fänden sich bestimmt ein paar willige Drehbuchschreiber, auf der einen wie auf der anderen Seite, und aus dem endlosen Videomaterial, das inzwischen vorliegt, lassen sich bestimmt Tausende neuer Filmchen basteln, ohne dass ein einziger Schuss fällt.
Das klappt doch auch mit den Sanktionen wunderbar. In allen deutschen Zeitungen steht, wie sehr sie der russischen Wirtschaft schaden, obwohl selbst der IWF inzwischen feststellen musste, dass dem nicht so ist. Das klappte mit dem Geist von Kiew und all diesen anderen Märchengeschichten.
Warum also nicht, im Interesse aller, einfach der gesamten Menschheit, den Sprung wagen und eine virtuelle Ukraine an die Stelle der realen treten lassen? Zehntausende, die in den Fleischwolf geworfen werden sollen, die inzwischen selbst mit gefälschten Tinder-Anzeigen fürs ukrainische Militär gefangen werden, werden für die Gelegenheit danken, ihr Leben normal fortzusetzen.
Wer es schafft, acht Jahre den Krieg im Donbass in ein mediales Loch zu versenken, müsste es doch hinbekommen, auch einen ukrainischen (ja, zugegeben, eher russischen) Frieden verschwinden zu lassen. Russland übernimmt die Ukraine, baut sie wieder auf, und die ganze NATO tut so, als reihte sich dort ein schweres Gefecht an das andere.
Simulation ist schlicht die bessere Lösung. Auch für die ganzen Panzer, die gerade versprochen wurden. In den Jahren des Kalten Krieges sagte mir einmal jemand, die Lebenserwartung eines Panzergrenadiers auf einem modernen Schlachtfeld betrage 95 Sekunden. Da ging es aber um voll ausgebildete. Es ist doch gar nicht nötig, unausgebildete Ukrainer oder ausgebildete NATO-Soldaten einzusetzen, wo ohnehin nichts zu holen ist. Die Panzer könnte man schlicht dort sprengen, wo sie gerade stehen. Damit bleiben die Besatzungen am Leben, man muss nicht fürchten, dass militärische Geheimnisse in die Hände des Gegners fallen, und die Transportkosten werden auch noch gespart. Und es gibt keine hässlichen Bilder im Internet von brennenden Leoparden oder Abrams.
US-Präsident Joe Biden dürfte den Unterschied zwischen Wirklichkeit und Simulation ohnehin nicht mehr bemerken. Auch die restliche Politblase, die deutsche eingeschlossen, kann ihre Jobs behalten, die im Falle einer sichtbaren Niederlage oder gar eines Durchdringens der ukrainischen Kriegsverbrechen in die westlichen Medienzirkel ernstlich gefährdet wären. Sie müssen einfach weiter so tun, als ob; das ist ohnehin die Tätigkeit, in der sie die meiste Übung besitzen.
Ukrainische Flüchtlinge, die zurückkehren wollen, werden zum Stillschweigen verpflichtet. Sie bekommen einen Satz vorgefertigter erschütterter Posts mit, für ihre Facebook-Konten, und nach einigen Wochen werden diese dann gelöscht. Die anderen? Nun, die werden über Bots ebenso mit der Simulation beliefert wie die einheimische Bevölkerung. Dann müssen auch die ganzen NAFO-Trolle nicht entlassen werden.
Russland und das Gebiet, das einmal die Ukraine war, können in der Zeit in Ruhe leben, zerstörte Infrastruktur wird wieder aufgebaut, die Naziideologie wird aus den Lehrplänen der Schulen gestrichen, und abgesehen von einer größeren Gruppe von Verblendeten, die die Haftanstalten bevölkern oder in den Westen fliehen, geht es allen deutlich besser als jetzt. Und weil jede Meldung, dass in der Ukraine Frieden herrsche, in den westlichen Medien zur russischen Propaganda erklärt und der Überbringer der Botschaft sofort mit einem Bann belegt wird, kann das auch lange Zeit gutgehen.
Nach einiger Zeit nutzt man dann die Ermattung des Publikums und reduziert langsam und unauffällig die Dichte der Berichterstattung, bis eines Tages das ganze Thema Ukraine wieder in jenem Winkel der Bedeutungslosigkeit zu liegen kommt, in dem es so viele Jahrzehnte verbracht hat.
Wenn dann eine völlig neue Generation von Politikern im Westen herangewachsen ist, die, allein infolge des materiellen Elends, das in den vergangenen Monaten geschaffen wurde, wieder einen etwas innigeren Kontakt zur Realität aufweist, können dann großartige Verhandlungen inszeniert werden, die den längst geschaffenen und dann unumstößlichen Status quo offiziell bestätigen. Diese neue Politikergeneration kann den Status von Friedensengeln erwerben, indem sie schlicht die Simulation beenden.
Danach werden zwar mehrere Jahrzehnte lang irgendwo Meldungen durch die Presse geistern, man habe Selenskij gesichtet, in Argentinien oder Paraguay, aber die ganze hässliche Episode vom Maidan bis heute landet in den Archiven für künftige Historiker, die sich gruseln wollen, und alles ist gut. Wäre das nicht ein Vorschlag?
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