von Bradley Blankenship
Das FBI hat am vergangenen Montag eine Razzia in der Residenz des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump in Florida durchgeführt. Es ist nicht klar, auf welche konkrete Untersuchung sich der Durchsuchungsbefehl bezieht. CNN behauptet jedoch, aus vertrauenswürdigen Quellen erfahren zu haben, dass die Untersuchung im Zusammenhang mit Trumps Umgang mit präsidialen Dokumenten aus der Zeit seiner Präsidentschaft stehen soll.
Trump selbst hat seinerseits die Vorgänge als “eklatanten Übergriff der radikal linken Demokraten” bezeichnet, der “dunkle Zeiten für unsere Nation” signalisiere. Genau wie der ehemalige Präsident verurteilen den Republikaner nahe stehende Medien wie Fox News das Ereignis als politische Hexenjagd durch die Regierung von Präsident Joe Biden gegen seinen wahrscheinlichen Wahlkampfgegner im Jahr 2024. Ob dies nun beschreibt, was in Mar-a-Lago passiert ist oder nicht – der Vorgang ist in jeder Hinsicht beispiellos.
Erstens werden US-amerikanische Präsidenten niemals für irgendetwas zur Rechenschaft gezogen. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs von 1982 in der Rechtssache Nixon gegen Fitzgerald führte das Konzept der absoluten Immunität ein, wonach Präsidenten eine vollständige zivilrechtliche Immunität von allen Rechtsstreitigkeiten genießen, die durch Handlungen verursacht werden, die während der Ausübung des Amtes des Präsidenten unternommen wurden. Ebenso geht das Justizministerium seit Jahrzehnten einen Schritt weiter und vertritt die Richtlinie, dass kein Präsident angeklagt werden kann, während er im Amt ist – obwohl die Gerichte und die Verfassung dazu nichts Konkretes sagen.
Trump muss bei seinem Ausscheiden aus dem Amt somit etwas getan haben, durch das ein Gericht offenbar zum Schluss kam, dass er Regierungsdokumente einbehalten hat, die für das Nationalarchiv bestimmt waren. Das wäre ein schweres Vergehen, das höchstwahrscheinlich unter US-Gesetzbuch Titel 18 § 2017 fallen würde – Verschleierung, Entfernung oder Zerstörung im Allgemeinen. Und es scheint, dass die FBI-Agenten nach diesen Dokumenten gesucht haben.
Eine bestimmte Passage dieses Paragrafen ist hierbei entscheidend: dass “eine unter diesem Paragrafen für schuldig befundene Person mit einer Geldstrafe oder mit einer Freiheitsstrafe von höchstens drei Jahren oder beidem belegt wird, sein Amt verliert und in den Vereinigten Staaten von der Ausübung eines Amtes ausgeschlossen wird”.
Das bedeutet im Wesentlichen, wenn das FBI tatsächlich einbehaltene Regierungsdokumente bei Trump gefunden hat – die er am Ende seiner Amtszeit mitnahm –, dann könnte ihm verboten werden, jemals wieder für ein Amt zu kandidieren. Die Tatsache, dass das FBI eine Razzia in seinem Wohnsitz durchführte, insbesondere vor dem Hintergrund schwerwiegender politischer Risiken und Konsequenzen, impliziert, dass dieser Verdacht sehr begründet gewesen sein muss. Das heißt, die Wahrscheinlichkeit, dass etwas gefunden wurde, ist ziemlich hoch.
Wenn das passiert und Trump wegen dieses Vergehens angeklagt und verurteilt wird, dann wird er natürlich behaupten, die Anklage sei konstruiert und politisch motiviert und seine Anhänger werden dies ebenfalls glauben. Man beachte, dass die meisten republikanischen Wähler nicht einmal glauben, dass die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen von 2020 legitim sind und dass quer durch das ganze Land mindestens 120 republikanische Kandidaten, die bei den Zwischenwahlen im November antreten, ebenfalls nicht glauben, dass Präsident Joe Biden demokratisch gewählt wurde.
Man stelle sich also folgendes Szenario vor: Entweder Trump gewinnt 2024 erneut oder er wird schon vor der Präsidentschaftswahl angeklagt und verurteilt, erhält somit Amtsverbot und wird womöglich für ein paar Jahre im Gefängnis schmachten. Sein Team gibt – wie es das bereits in der Vergangenheit getan hat – dreiste Erklärungen ab, beschuldigt die US-Regierung der politischen Verfolgung und mobilisiert Trumps Anhänger, sich gegen den Staat zu erheben. Je nachdem, wie man die laufenden Anhörungen zu den Vorfällen vom 6. Januar 2021 im Kapitol interpretieren will, haben sie dies bereits schon einmal getan.
Aus diesem Grund behaupten einige Beobachter in den sozialen Medien sowie nicht wenige Journalisten zu Recht, dass sich die USA jetzt auf einem Kurs in Richtung Bürgerkrieg befinden könnten. Das Land ist politisch bereits so gespalten, dass Republikaner und Demokraten im Wesentlichen in unterschiedlichen Universen leben. Dass Trump ins Gefängnis kommt und vom Präsidentenamt ausgeschlossen wird, könnte das sein, was das Fass zum Überlaufen bringt.
Meine persönliche Ansicht ist, dass, wenn die Gesetze der USA etwas bedeuten sollen, auch die Mächtigen zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Ich verstehe zwar das Konzept der absoluten Immunität, denn wenn Präsidenten Angst davor haben, harte Entscheidungen zu treffen, weil dies zu einer strafrechtlichen Verfolgung oder zivilrechtlichen Strafen führen könnte, dann können sie ihre Pflichten nicht erfüllen. Dennoch glaube ich, wie Noam Chomsky es einmal sagte, dass alle US-Präsidenten der Nachkriegszeit Kriegsverbrecher sind – und deshalb glaube ich auch, dass sie unbedingt zur Rechenschaft gezogen werden müssen, erst recht für offensichtlich korruptes Verhalten, so wie jenes von Trump mit seinen Regierungsdokumenten. Niemand sollte über dem Gesetz stehen, denn ein zweistufiges Rechtssystem untergräbt automatisch die vermeintlich universellen Werte, die es schützen soll. Alle sollten vor dem Gesetz gleich sein.
Davon abgesehen ist etwa die Hälfte des Landes außerordentlich falsch informiert und würde ein Gerichtsverfahren gegen Trump niemals als legitim akzeptieren. Dies würde viele veranlassen, sich zu organisieren, sich zu radikalisieren und sogar gegen die Regierung zu vorzugehen. Ein Abgeordneter aus Florida hat bereits seinen Staat aufgefordert, die Kontakte zum Justizministerium abzubrechen und die FBI-Agenten zu verhaften.
Angesichts der weit verbreiteten Verfügbarkeit von Schusswaffen in den USA wäre es nicht schwer vorstellbar, dass extremistische Gruppen ihren Einfluss ausweiten und sich sogar neue bilden. Das könnte leicht in einen Bürgerkrieg übergehen – und das ist keine Übertreibung.
Übersetzt aus dem Englischen.
Bradley Blankenship ist ein in Prag lebender amerikanischer Journalist, Kolumnist und politischer Kommentator. Er hat eine Kolumne bei CGTN und ist freiberuflicher Reporter für internationale Nachrichtenagenturen, darunter die Nachrichtenagentur Xinhua. Er twittert auf @BradBlank_
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