Der bereits bekanntgegebene Staatsbankrott von Sri Lanka wird nicht der letzte in naher Zukunft gewesen sein, meint Alexander Schurakow, leitender Analyst für Kreditmarktanalysen im Unternehmen Otkritie Investments. Pakistan, Libyen, die Ukraine und Argentinien könnten die nächsten sein. Auch südeuropäische Länder wie Italien und Griechenland befänden sich in der Risikozone.
In der Regel tritt die Zahlungsunfähigkeit eines Landes nicht plötzlich ein, erläutert der Experte. Ihr geht zumeist eine erhebliche Verschlechterung der makroökonomischen Indikatoren, der Zahlungsbilanz und anderer Werte voraus, erklärte Schurakow gegenüber der Agentur Prime. Solche Verschlechterungen wurden zum Beispiel in Sri Lanka und anderen von der Pandemie besonders betroffenen Ländern beobachtet. Volkswirtschaften, die stark vom Tourismus abhängig waren, litten besonders stark darunter. Steigende Energie- und andere Rohstoffpreise verschärften ihrerseits die Zahlungsbilanzdefizite jener Länder, die auf Importe angewiesen waren.
Der Experte erinnerte daran, dass der pakistanische Finanzminister bereits im Juni vor einem möglichen Zahlungsausfall gewarnt hatte, falls das Land die Kraftstoffsubventionen für die Bevölkerung nicht abschaffe. “Man darf auch nicht vergessen, dass Argentinien im Januar eine neue Vereinbarung mit dem Internationalen Währungsfonds über die Umstrukturierung der Schulden in Höhe von 44,5 Milliarden US-Dollar getroffen hat. Nach der neuen Vereinbarung beginnen die Zahlungen für die Schulden vier Jahre nach der Unterzeichnung des Übereinkommens und werden auf sechs Jahre ausgedehnt”, so der Experte.
Auch der Libanon, der bereits eine drohende Zahlungsunfähigkeit angekündigt hat, ist nach Ansicht des Analysten gefährdet. Das Land steht auch wirtschaftlich seit langem auf der Kippe.
Die Auslandsverschuldung der Ukraine bleibt ebenfalls prekär. Ob das Land Mittel zur Refinanzierung der in diesem Jahr zurückzuzahlenden Schulden erhält oder ob die Gläubiger einer Umstrukturierung der Schulden zustimmen werden, sei noch unklar, erklärt Schurakow.
Möglicherweise werden auch einige EU-Länder mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. “Die Schuldensituation der südeuropäischen Länder ist sehr angespannt. Bisher ist die Lage bei der Verschuldung Italiens und Griechenlands viel besser als vor zehn Jahren”, so der Experte, “aber die Renditen für ihre Staatsanleihen steigen, und wenn die Zinsen weiter nach oben gehen, könnte dies zu einem erheblichen Anstieg der Schuldendienstkosten und zu größeren Haushaltsspannungen führen”.
Mehr zum Thema – Wenn Kredite Schulden sind, dann ist “Ukraine-Hilfe” Versklavung